VON HERMANN-PETER STEINMÜLLER – Südkurier vom 20. Februar 2020
Frühschoppen der Durbestecher: Das Herz der Sauldorfer Fasnet schlägt im „Adler“
Die Kirchturmuhr hatte kaum 9 Uhr geschlagen, als im Adler-Saal in Sauldorf die Fasnetsstimmung beim Narrenfrühstück der Durbestecher schon brodelte. | Bild: Hermann-Peter Steinmüller
Sauldorfs Narren, die Durbestecher, kennen am Morgen des Schmotzigen nur ein Ziel: Den Saal vom „Adler“ im Herzen der Narrenhochburg. Der Narrenfrühschoppen gehört zur Fasnet wie der Narrenbaum. Am Schmotzigen um 9 Uhr haben die Durbestecher schon ein beachtliches Maß an Arbeit hinter sich. „Kurz nach Mitternacht“, also ab 6 Uhr, waren die Narren im Ort unterwegs, um zusammen mit dem Wurstwagen und Narrenpolizei Benne den Langschläfern den Sauldorfern zu verkünden, dass die heiße Phase der Fasnet bis Aschermittwoch durch das Dorf fegt.
Motto für den Frühschoppen macht Häsauswahl einfach
Nach so viel Mühe strebten die Narren wie magisch angezogen in den Adler-Saal. Im kleinen Saal wird es bald kuschelig eng. Dicht an dicht entsteht schnell Gemeinschaft. Die schwierige Frage nach dem richtigen Häs machten die Durbestecher den Frühschoppengästen recht leicht, indem sie ein Motto kreierten: „Im Wilden Westen geht‘s ab wie nie – auf der Ranch und der Prärie“. So war das Problem gelöst. Indianer und Cowboys gaben sich die Klinke in die Hand.
Die Enge im Adler-Saal konnte die Freude der Blasmusikerinnen an Fasnetskrachern nicht bremsen. | Bild: Hermann-Peter Steinmüller
Fasnetskracher in drangvoller Enge
Damit der erste Morgen der Fasnetstage wirklich zu einem Erlebnis wird, braucht es noch zwei Zutaten. Da ist zunächst die Musik. Die Narrenkapelle, identisch mit dem Musikverein, musste sich den räumlichen Gegebenheiten unterwerfen. Gleich links vom Eingang in den Saal drängten sich die Blasmusiker mit ihren Instrumenten. Und da ging es gleich richtig ab. Altbekannte und neue Fasnetskracher und munter-frische Schlager brachten Stimmung in den vollen Saal.
In der Bütt und auch das ganze Jahr über ein festes Paar – die Heckelers als Dr. Picks und Opa Willi. | Bild: Hermann-Peter Steinmüller
Narren zerren Pleiten, Pech und Pannen ans Tageslicht
Die zweite Zutat für einen guten Fasnetsauftakt ist ein Markenzeichen der Durbestecher: Verschiedene Narren bereiten Beiträge vor, in denen sie sich mit Pleiten, Pech und Pannen ihrer Mitbürger oder mit Abstechern in die große Politik beschäftigen oder Ausflügen in die Welt der Witze unternehmen. Im Dorf passiert zwischen Januar und Dezember so allerhand, was ohne die Narren nie ans Tageslicht käme. Narrenpräsident Thomas Deschler, Erznarr Franz Faschian oder das Ehepaar Heckler griffen gnadenlos die Lachmuskeln der Zuhörer an.
Mit neuem Schneeräumer an neue Ecke des Feuerwehrmagazins
Was da nicht alles bis zu den Ohren der Durbestecher durchgedrungen war! Beispielsweise das traurige Schicksal eines Landwirtschaftslehrlings. Der junge Mann war mit dem Auto auf der Fahrt in die Berufsschule. Nur dank des eingeschalteten Radios konnte der bildungshungrige Junglandwirt seine Fahrt noch rechtzeitig abbrechen. Denn der Radiosprecher wies darauf hin, dass es Sonntag sei. Vom Pech verfolgt war offenbar auch ein Mitarbeiter des kommunalen Bauhofs. Er rammte mit dem neuen Schneeräumgerät die ebenso neue Ecke des Feuerwehrmagazins.
Und dann war da noch die Sache mit der Musik im Weihnachtsgottesdienst…
Und dann war da noch die Sache mit der Kirche und dem elektronischen Klavier. Beim Weihnachtsgottesdienst wollte der Organist zur Kommunion gehen. Damit während der Zeremonie weihnachtlich-andächtige Stimmung herrsche, stellte er in der Elektronik des Instruments ein entsprechendes Musikstück ein. Alles wäre prima gelaufen, wenn nicht eine Kirchenchorsängerin, die ebenfalls zur Kommunion wollte, ihr Gesangbuch auf das Klavier gelegt hätte. Dabei betätigte sie unabsichtlich einen Knopf und sorgte damit für gänzlich unweihnachtliche Musik.
Weil alles Verhandeln nichts half, musste schließlich die Zimmerergilde mit ihrem Rammbock das Rathaus erstürmen | Bild: Hermann-Peter Steinmüller
Ins Rathaus nur dank Rammbock
Nach fast zwei Stunden im Gasthaus „Adler“ musste die Narrenschar schließlich aufbrechen, um die Kinder aus den Händen der Erzieherinnen zu befreien. Bevor es zum Mittagessen wieder ins Wirtshaus ging, war das Rathaus zu erstürmen. Da der Bürgermeister nicht freiwillig aufgab, mussten die neuen Herren über die Verwaltungszentrale der Gemeinde zum Rammbock greifen.